Wider Sense TraFo gGmbH
Kirchturmdenken
Kirchen als Orte kultureller Bildung: Was für manche gewöhnungsbedürftig klingt, kann zum Erhalt von Sakralbauten als Orten der Begegnung führen. Das Soforthilfeprogramm „Kirchturmdenken. Sakralbauten in ländlichen Räumen: Ankerpunkte lokaler Entwicklung und Knotenpunkte überregionaler Vernetzung“ setzt sich dafür ein, (ehemalige) Sakralbauten als Orte der Kultur und bürgerschaftlicher Begegnung zu stärken und zugänglich zu machen. Denn wenn Kirchen als identitätsstiftende Orte wieder mit Leben gefüllt werden, erhöht dies nicht nur die Lebensqualität vor Ort, sondern stärkt auch die regionale Zugehörigkeit und gesellschaftliche Integration.
Die im Rahmen des Bundesprogramms Ländliche Entwicklung (BULE) geförderte Initiative unterstützt Projekte in Gemeinden mit einer Einwohnerzahl bis 20.000 Personen mit einer maximalen Fördersumme von jeweils 25.000 Euro. Bisher konnten in zwei Förderphasen 2021 und 2022 über 100 Projekte gefördert werden.
Zur Begleitung des Programms wurde eine digitale Workshop-Reihe ins Leben gerufen, die gemeinsam mit dem Seminar für Kunst und Kunstwissenschaft der Technischen Universität Dortmund durchgeführt wird. In den Workshops werden Sakralbauten in ländlichen Räumen als Kulturorte und kulturelles Erbe vorgestellt und es können Methoden und Formate partizipativer Kulturvermittlung kennengelernt und diskutiert werden.
Erweiterte Nutzungen als Zukunftsaufgabe
Neben ihrer religiösen Funktion als Gotteshäuser dienen Sakralbauten in ländlichen Regionen als identitätsstiftende Ankerpunkte, die über Jahrhunderte den Mittelpunkt des dörflichen Lebens bildeten. Aufgrund fortschreitender Säkularisierung der Gesellschaft und schwindender Mitgliederzahlen werden Kirchen immer weniger genutzt oder stehen leer. So steht die Zukunft vieler Sakralbauten ungeklärt: Immer mehr werden entwidmet, verkauft, umgebaut oder sogar abgerissen. Um die Kirchen nicht nur physisch, sondern auch im übertragenen Sinne im Zentrum der Gesellschaft zu erhalten, sind Strategien der Öffnung und kreative Lösungen gefragt. Indem sich die Sakralbauten öffnen, können sie als kulturelles Erbe aktiviert und als Orte der Kultur und des Miteinanders gestärkt werden.
„Kirchturmdenken“ zeigt, wie Sakralbauten als Orte lebendiger Teilhabe am Kulturerbe etabliert werden können; etwa, wenn in Form sogenannter „Zukunftswerkstätten“ Szenarien für eine erweiterte Nutzung von Dorfkirchen entworfen werden, das Bundesjugendballett im Kirchenraum tanzt oder die Kirchen als Ausstellungs- und Lernräume für Schulklassen dienen.
Fakten zum Projekt
Das Projekt wird aus Mitteln für Kultur in ländlichen Räumen im Rahmen des „Bundesprogramms Ländliche Entwicklung“ (BULE) durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) gefördert.
Öffentliche, zivilgesellschaftliche und private Träger:innen von Sakralbauten (auch entwidmete oder profanierte) sowie Kirchbau- oder Heimatvereine und vergleichbare Organisationen
Denkmalschutz
2021–2023
Wider Sense TraFo gGmbH
Pfalzburger Str. 43–44
10717 Berlin
kulturerbe@widersense-trafo.org
Digitale Technologien als Impuls zur Öffnung
Gerade in dünn besiedelten ländlichen Räumen stellt sich die Frage, wie Sakralbauten sichtbar gemacht werden können – auch über Ortsgrenzen hinaus. Etliche digitale Projekte zeigen, wie Sakralbauten auch für Ortsfremde zugänglich werden können: zum Beispiel, wenn der Kirchenraum über eine App oder durch audiovisuelle Touren geöffnet wird oder Kirchenbauten durch 3-D-Rekonstruktionen erschlossen werden, wenn digitale Plattformen zur Vernetzung entstehen oder Kirchen mithilfe einer Website sowie einer digitalen Landkarte erwandert oder mit dem Rad erkundet werden können.
Kooperationen und bürgerschaftliches Engagement als Gelingensfaktoren
Zahlreiche der durch „Kirchturmdenken“ geförderten Maßnahmen haben deutlich gemacht, dass sich die Projekte besser umsetzen lassen, wenn sich verschiedene Akteur:innen zusammenschließen – etwa, wenn Kirchenvereine oder Gemeinden mit Hochschulen, lokalen Musikschulen, Schulen und Kindergärten, Denkmalämtern sowie mit ortsansässigen Künstler:innen und Betrieben kooperieren. Denn auf diese Weise können nicht nur Wissen geteilt und Synergien genutzt, sondern auch unterschiedliche Adressat:innen angesprochen werden – auch Personen, die eher kirchenfern sind. Weil einerseits die Kirchengemeinden immer weiter schrumpfen und andererseits bürgerschaftliches Engagement insbesondere in ländlichen Regionen weiterhin ein wesentlicher Motor des gesellschaftlichen Zusammenhalts ist, sind neue Formen der Ansprache, der Beziehungsarbeit und der Kooperation mit der lokalen Gemeinschaft außerordentlich wichtig. Dass das Programm „Kirchturmdenken“ hier Wege erschließen kann, davon zeugen die vielfältigen Projekte mit ihrer aktiven Einbindung der Gemeinden in Vermittlungsformate, dem Zusammenbringen von kulturellen und lokalen Akteur:innen und Anwohner:innen in Workshops sowie Veranstaltungen in Kooperation mit ortsansässigen Künstler:innen und Studierenden.