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Ways to Create Encounter 

 

Ein „Inspirationsportfolio“ für Begegnungsräume, zusammengestellt vom Kunstkollektiv TAAT

In diesem INSPIRE widmen wir uns Strategien und Aktivitäten, die Perspektivenvielfalt und Mitbestimmung in kultureller Bildung fördern. Wie können dafür neue gesellschaftliche und kulturelle Begegnungsräume in Kulturinstitutionen und darüber hinaus geschaffen werden? Was braucht ein solcher Ort, um zu funktionieren? Und was bewirkt er? Das Kollektiv TAAT befasst sich mit Begegnungsarchitekturen, deren vielfältigen Erscheinungsformen und Gesetzmäßigkeiten sowie deren Risiken und Chancen. In Form eines „Inspirationsportfolios“ stellen wir hier fünf Beispiele real umgesetzter oder auch bislang nur konzipierter Begegnungsmöglichkeiten textlich und multimedial vor. Hierbei kommt die interdisziplinäre und internationale Zusammensetzung des Kollektivs zur Geltung, welche es ermöglicht, Beispiele aus unterschiedlichen Kulturräumen und Philosophien zusammenzubringen.

Wie lassen sich eure Projekte auf Kulturinstitutionen beziehen?

Kunstkollektiv TAAT: Nachhaltigkeit ist eine der größten Herausforderungen für Kultureinrichtungen. Unsere Praxis bietet Methoden, Werkzeuge und Ideen, die eine regenerative Arbeitsweise und Denkweise fördern. Indem wir unsere Beziehung zur Natur überdenken und neu gestalten, berühren wir die Grundlagen unserer Organisation und Kommunikation. Unser regenerativer Ansatz bietet sowohl dem Management, den Mitarbeiter:innen als auch den Besucher:innen kreative Möglichkeiten, die Natur zu erkunden und sich von ihr inspirieren zu lassen.

Wie sind eure Experimente übertragbar und wie können sie Praktiker:innen der kulturellen Bildung oder Kunstvermittlung als Inspiration dienen? Wie kann beispielsweise Weiden-Weben in der kulturellen Bildung nutzbar sein?

Auch bei kultureller Bildung geht es, wie bei aller Bildung, um Wissen und Wissensvermittlung, aber auch um Kompetenzen. Wir glauben, dass der kulturelle Bereich wirklich viel zu bieten hat im Hinblick darauf, wie wir dies in Zukunft betrachten. Durch die gemeinsame Gestaltung in neuen Formen der Zusammenarbeit mit der Natur können wir uns sowohl verschiedenen Arten von Wissen als auch verschiedenen Wegen der Wissensvermittlung gegenüber öffnen. Weben mit Weiden zum Beispiel ist eine praktische und kreative Fähigkeit, die oftmals in sozialer Gemeinschaft stattfand und stattfindet. Es lädt uns unter anderem ein, die „Logik“ des Baumes, die haptischen Fähigkeiten unserer Hände und das stille Miteinander zu erfahren. Neben der Neukonzeption dessen, was wir lernen und wie wir lernen, eröffnet unsere Praxis auch ein inklusives und vielseitiges Verständnis von Ästhetik.

Welche Methoden sind wichtig, um in der kulturellen Bildung menschliche Begegnungen über neue künstlerische Ansätze zu initiieren?

Der Fokus unserer künstlerischen Arbeitsweise liegt auf Begegnungen aller Art: zwischen den unterschiedlichsten Menschen ebenso wie zwischen Menschen und den unterschiedlichsten anderen Wesen. Wir versuchen, die Natur (z.B. einen Fluss, eine Weide, einen Brombeerstrauch) nicht nur als Inspiration, sondern auch als Kolleg:in und Lehrer:in zu betrachten. Dabei geht es vor allem darum, Zeit und Raum zu schaffen, damit eine solche Beziehung entstehen kann. Durch z. B. „Gesturing“ (Gesten zeigen), "Presencing" (eine Verbindung der Begriffe „Presence“ und „Sensing“, die das Erspüren von Zukünftigem in Zusammenhang mit Gegenwärtigem meint) und das Weben wecken und fördern wir die Sensibilität, die für die gemeinsame Gestaltung mit solchen natürlichen Entitäten erforderlich ist. Indem wir sie in den kreativen Prozess einladen, ändern wir unsere Vorstellungen von kreativen Prozessen im Allgemeinen. Dies beinhaltet beispielsweise eine Verlagerung vom Baum als Ressource hin zum Baum als Mitgestalter:in oder aber von einer fixierten, menschlichen Ästetik hin zu einer inklusiven Vielfalt von Ästhetiken. Unsere starke Betonung von körperlichen und in einer Gruppe geteilten Erfahrungen trägt dazu bei, Begegnungen in den Mittelpunkt kreativer und pädagogischer Prozesse zu rücken.

Weben

Weben - Welche Rolle spielt WEBEN in den Projekten HALL14 in Gent (BE), HALL09 in Vilnius (LT) oder im Aa-Projekt in Vorselaar (BE)? Video ansehen

Für das HALL14-Projekt in Gent (BE) haben wir zum ersten Mal das Weben als Methode eingesetzt. Das Weben begann bei unseren Körpern, die wir miteinander verwoben haben, und ging weiter mit dem Weben von Zweigen und anderen Materialien.

Für das Projekt HALL09 in Vilnius (LT) haben wir in Stille zusammengearbeitet. Dabei haben wir Gräser und Goldruten geflochten, um eine Verbindung zum Ökosystem der Insel herzustellen, auf der wir uns befanden.

Für das Aa-Projekt in Vorselaar (BE) webten wir wachsende, also noch mit der Erde verbundene, sowie geschnittene Weiden, um die Grundstruktur für ein „Begegnungs-Portal“ zu erstellen.

Zeichnen

Zeichnen - Wie setzt das Kollektiv ZEICHNEN ein in den Projekten HALL01 bis HALL06, KHORII und PLAYGROUND? Video ansehen

Unsere ersten Zeichnungen (abgesehen von Skizzen) waren Architekturzeichnungen, sogenannte 3D-Renderings der Räume für die Holzinstallationen von HALL01 bis HALL06.

Wir zeichneten Anleitungen für Projekte wie KHORII und PLAYGROUND und gaben den Menschen nur wenig Informationen als Vorgabe, um ihrer eigenen Kreativität freien Lauf zu lassen.

Wir gaben den Teilnehmenden Raum, ihr Feedback zu zeichnen: die Route, die sie zurückgelegt hatten, Dinge, die sie gesehen, gehört oder gerochen hatten, Bilder, die ihnen in den Sinn kamen.

Wir begannen, Zeichnungen zu verwenden, um bestimmte Gesten, subtile oder weniger subtile Handlungen hervorzuheben, die wir nun als Bausteine ​​unserer Arbeit betrachten.

Übungen

Übungen - Warum sind vereinzelte und gemeinschaftliche ÜBUNGEN wichtig für die Arbeitsweise des Kollektivs? Video ansehen

Unsere künstlerische Arbeit innerhalb des Kollektivs und zusammen mit Projektteilnehmer:innen ist prozessorientiert. Übungen sind das „Zement“ dieser Prozesse. Sie bringen Menschen zusammen, die sich nicht kennen, und schaffen das nötige Mindset.

Stilles, vereinzeltes Gehen, nonverbales Anleiten und Folgen, Fluss- und Pflanzen-Meditationen, mehrstimmiger Gesang und Spiele gehören zu den Übungen, die wir nutzen, auch um uns mit dem Nichtmenschlichen, also Naturelementen wie Flüssen und Pflanzen, zu verbinden.

Wir schlagen Übungen vor und eröffnen gemeinsam mit den Teilnehmer:innen den Prozess, sodass diese ebenfalls Übungen initiieren und anleiten können.

Digitalisierung

Digitalisierung - Welche DIGITALISIERTEN Orte brauchen wir in hybriden Zeiten? Die Projekte „Faustian Walks" in London (UK) oder das TRERU-Programm in Kampala (UG) geben Einblicke. Video ansehen

Wir verwenden im Allgemeinen das Wort „hybrid“ in Bezug auf unsere Praxis, da wir uns organisch zwischen dem physischen und dem digitalen Bereich bewegen.

„Faustian Walks“ mit Studierenden der University of London (UK) oder das TRERU-Programm mit Künstlern und Designern in Kampala (UG) fanden sowohl online als auch vor Ort statt.

Unser „Live-Archiv“ ist ein Ort, an dem sowohl wir als auch Projektteilnehmer:innen Fotos, Zeichnungen und Texte dokumentieren, teilen und für andere Zwecke verfügbar machen können.

Die von uns designte und programmierte „Live Agora“ ist ein Online-Raum für Co-Creation. Dieser virtuelle Treffpunkt bietet zahlreiche Möglichkeiten, kreativ und spielerisch miteinander zu sein und er bietet Raum für Treffen als größere Gruppe und auch aufgeteilt in parallele Begegnungsräume.

Für das Maas-Lab-Projekt entwickeln wir einen Maas-Bot: einen kleinen Server, der durch die Strömung des Flusses Maas erzeugt wird und dessen Kraft darüber entscheidet, wie viele Informationen über diesen Server geteilt werden können. Dies sind Informationen über das Projekt selbst aber auch Daten über den Fluss wie die bestehende Temperatur oder die aktuelle Fließgeschwindigkeit.

Bauen

Bauen - Was bedeutet regeneratives BAUEN? Können Gebäude zu Handlungen inspirieren? Video ansehen

Unser erstes Ziel war es in diesem Projekt, ein Gebäude zu schaffen, das eine Theatererfahrung vermittelt. Hierfür haben wir Räume entworfen und gebaut, die bei den Menschen, die sie betreten, eine Aktion auslösen.

Das Bauen und Erschaffen eines Gebäudes selbst sind immer ein wichtiger Teil der Arbeit. Bokrijk Sengu lud zum Beispiel dazu ein, innerhalb eines Tages einen Pavillon zu bauen.

Die Umstellung auf eine regenerative Praxis veränderte auch unsere Vorstellungen vom Bauen. Wir begannen darüber nachzudenken, was eine Verlagerung vom Baum als Ressource hin zum Baum als Mitgestalter:in bedeuten könnte.

Auch hier haben wir festgestellt, dass Gesten als Inspiration mittlerweile zu unseren Hauptbausteinen bei Bauprozessen geworden sind.

Das Kunstkollektiv stellt sich vor

Schön Sie kennenzulernen! Wir sind TAAT.

Wir sind ein Kollektiv internationaler Künstler:innen, Designer:innen und Forscher:innen aus unterschiedlichen Bereichen und mit unterschiedlichem Hintergrund. Wir verstehen uns als einen regenerativen Arbeitszusammenhang, in dem wir künstlerische Forschung, kollaboratives Lernen und soziale Praxis verbinden. Ausgehend von der Erfahrung, großformatige Holzinstallationen an der Schnittstelle zwischen Theater und Architektur zu entwickeln, haben wir unsere Arbeit dahingehend verlagert, verkörperte Begegnungen zwischen menschlichen und mehr-als-menschlichen Wesenheiten zu schaffen. In Zusammenarbeit mit der „Natur" bauen wir „Begegnungs-Portale" an Orten wie Vorselaar (BE), Dikaia (GR) und Vilnius (LT) auf. Wir arbeiten u. a. mit Flüssen (z.B. Aa, Maas und Neris), Weiden, Brombeeren und Goldrute bei der Erforschung von Möglichkeiten des gemeinsamen Schaffens, Organisierens und „Mitseins“.

Lernen steht im Mittelpunkt unserer Praxis und unsere Arbeit ist seit jeher durch die Zusammenarbeit mit Studierenden (jeden Alters), Expert:innen (im weitesten Sinne) und Gemeinschaften (über sozioökonomische Grenzen hinweg) geprägt. In der hier vorgestellten Reihe von GIFs werden Ihnen fünf unserer menschlichen TAAT-Mitglieder einige Schlüsselaspekte unserer Arbeit zum Thema Begegnung vorstellen und Beispiele aus vergangenen und aktuellen Projekten zeigen.