Latücht Film & Medien e. V. Neubrandenburg
"Sonnenstunden"-Filmnachmittage im Latücht-Kino
Ein buntes Programm für eine andere Welt
Im mecklenburgischen Neubrandenburg bot sich im Herbst 2022 ein vielfältiges Angebot für geflüchtete ukrainische Kinder und Jugendliche zwischen sechs und 15 Jahren und ihre Familien. Rund um das lokale Latücht-Kino wurde über mehrere Wochen ein buntes Programm geboten, bei dem jeder Termin einen anderen Schwerpunkt setzte. Neben Filmpräsentationen im Arthouse-Kino gab es auch kreative Bastelsessions, Musiknachmittage und gemeinsam gefeierte Feste, wie etwa Halloween.
Der Verein „Latücht – Film & Medien e. V.“ betreibt seit einigen Jahren ein Arthouse-Kino, um die kulturelle Bildung in der Stadt Neubrandenburg und der umliegenden Region zu erhalten und zu qualifizieren. Im Herbst 2022 startete ein ganz besonderes Projekt: die „Sonnenstunden“-Nachmittage; eines von fünf Projekten in Mecklenburg-Vorpommern und 240 Projekten bundesweit, die durch das bundesländerübergreifende Programm „Sonnenstunden“ für geflüchtete Kinder und Jugendliche aus der Ukraine ermöglicht wurden.
Fakten zum Projekt
Finanzierung durch die Kulturstiftung der Länder, das Jugendamt des Landkreises MSE und Drittmittel, sowie kostenloser Filmverleih durch film.ua
Ukrainische Kinder und Jugendliche zwischen 6 und 15 Jahren und ihre Begleitpersonen
Medienbildung, Kulturelle Kompetenz, Soziale Kompetenz
September bis Dezember 2022
Projektflyer
Latücht Film & Medien e. V. Neubrandenburg
Große Krauthöferstr. 16
17033 Neubrandenburg
Mareike Kochansky | Ingrid Teßmann
kino@latuecht.de
mareike.kochansky@gmail.com
Miteinander ankommen
Ein zentrales Ziel der neubrandenburgischen „Sonnenstunden“- Nachmittage: neue Freundschaften schließen und Geborgenheit in der Gemeinschaft finden. Die teilnehmenden Kinder und Jugendlichen kannten sich manchmal schon aus der ukrainischen Community, oft lernten sie sich aber erst während der Veranstaltungen kennen. Das soziale Miteinander sollte gestärkt und das Ankommen der Geflüchteten in Deutschland erleichtert werden. Und „ganz nebenbei“ wurden die teilnehmenden Kinder medial und kreativ gefördert. „Wir möchten mit geflüchteten Kindern arbeiten, ihnen Räume eröffnen und eine andere Welt aufmachen“, erklärt Mareike Kochansky, Projektleiterin beim Verein Latücht. Das Programm sollte „ein wenig Sonne ins Leben bringen“ und den Geflüchteten einen Ort bieten, an dem „sie Freude erfahren und zur Ruhe kommen können“.
Vernetzung in schwierigen Zeiten
Verschiedene Partner:innen ermöglichten das Projekt: Finanziert wurde es über die Kulturstiftung der Länder, das Jugendamt des Landkreises MSE sowie Drittmittel eines lokalen Unternehmens. Zudem stellte das ukrainische Filmstudio film.ua kostenfrei Filme auf Ukrainisch zur Verfügung – ein Ergebnis der erfolgreichen Vernetzungsarbeit des Latücht e. V., der die deutsche und die ukrainische Film- und Kinolandschaft zusammenbringt, um passende Filme für Vorführungen zu finden und langfristige Kooperationen aufzubauen.
Die Film- und Musiknachmittage fanden werktags und am Wochenende statt. Kinder und Erwachsene kamen zusammen, um gemeinsam Filme zu sehen, zu musizieren oder zu basteln – allein bei den Filmveranstaltungen waren es jeweils 40 bis 50 Kinder und Jugendliche zwischen zehn und 15 Jahren. Der Verein wählte dafür in Kooperation mit dem ukrainischen Filmverleih gezielt ukrainische Kinder- und Jugendfilme aus. „Die Resonanz war sehr positiv“, freut sich Mareike Kochansky. Nicht immer war es allerdings so einfach, die Filme überhaupt rechtzeitig zu bekommen. Bedingt durch den Krieg, war der ukrainische Filmverleih oft tagelang von Stromausfällen betroffen und damit von der Außenwelt abgeschnitten.
Musizieren und Zusammensein
Auch die Musiknachmittage, zugeschnitten auf Kinder zwischen sechs und acht Jahren, gestalteten sich bewusst niedrigschwellig. Zuallererst ging es darum, zusammenzusitzen und in schöner Atmosphäre gemeinsam zu musizieren. Die Kinder machten mit der ukrainischen Übersetzerin selbst Musik, spielten Instrumente und sangen ukrainische und deutsche Lieder. Hoch im Kurs: der Kinderliederautor Rolf Zuckowski. Mareike Kochansky versteht das Projekt auch als Bildungsformat. Und das darf Spaß machen: „Medienkompetenz ist auch Aneignung von Medien zur eigenen Erfreuung.“
Auf die Film- und Musiknachmittage folgten noch im Dezember zahlreiche Anschlussveranstaltungen, die sich mit der Ukraine beschäftigten: Podiumsdiskussionen etwa oder eine Weihnachtsfeier für geflüchtete ukrainische Kinder und Jugendliche. Bürger:innen aus Neubrandenburg und der Region konnten kleine Geschenke, selbst gebackene Kekse und Kuchen spenden.
Eine Community mit Zukunft
Neben einer festen Mitarbeiterin und einigen Honorarkräften waren es vor allem Ehrenamtliche, die ihre Zeit und Kraft für die „Sonnenstunden“ einsetzten. Der Latücht e. V. möchte auch weiterhin mit der Ukraine zusammenarbeiten. „Wir freuen uns, dass wir eine Kommune geschaffen und Menschen gefunden haben, die nachhaltig in unser Haus kommen werden“, so Mareike Kochansky. Um ein solches Community-Building über Sprachbarrieren hinweg zu ermöglichen, können sprachfreie Projekte helfen, bei denen Film oder Musik atmosphärisch wirkt und Menschen jenseits von Worten zueinander bringt.
Dennoch spielt die Sprache eine wichtige Rolle, um ein Gefühl der Vertrautheit zu schaffen. So kam der ukrainischen Übersetzerin eine tragende Rolle zu, die einen lebendigen Austausch ermöglichte und dafür sorgte, dass sivh die Kinder mit den Projektleiter:innen verständigen konnten. Es sei unerlässlich, so Mareike Kochansky, „Ukrainisch sprechende Menschen dazuhaben, um ein anderes Auffangen zu ermöglichen, ein anderes Heimatgefühl zu erzeugen“.