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ReMember

Auf der Bühne sitzen zwei Schüler an einem Tisch. Sie werden von einer Frau aggressiv angeschrien: „Du wurdest offenbar nicht erzogen, aber in Deutschland gibt es Regeln. Wenn du hierbleiben willst, dann hältst du dich gefälligst daran!“. Die Frau ist eine Lehrerin. Diese bedrückende Szene ist eine Inszenierung, sie könnte aber genauso Teil einer Alltagsbeobachtung an einer Schule sein. Denn dass junge Menschen mit Zuwanderungsgeschichte in Deutschland rassistische Diskriminierung regelmäßig erleben, das haben die Teilnehmer:innen des Projekts „ReMember“ berichtet und szenisch verarbeitet. Das Projekt war eine Kooperation der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg und der Mansour-Initiative für Demokratieförderung und Extremismusprävention, kurz „MIND prevention“. „ReMember“ ist ein Multiplikator:innenprojekt. Das bedeutet, dass die beteiligten Jugendlichen – viele von ihnen nach Deutschland geflüchtet oder migriert – als Botschafter:innen für Antidiskriminierung gewonnen werden sollten. Durch den gemeinsamen Besuch der KZ-Gedenkstätte beschäftigten sie sich mit der NS-Geschichte und tauschten sich in verschiedenen Workshops zu den Mechanismen von Antisemitismus, Rassismus und Ausgrenzung aus.

Fakten

Fakten zum Projekt

Projektteam

KZ-Gedenkstätte Flossenbürg und „MIND prevention“

Förderung

Gefördert aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (im Rahmen des Bundesprogramms „Jugend erinnert“) und des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus.

Zielgruppe

Schüler:innen des Beruflichen Schulzentrums Oskar-von-Miller sowie der Fachoberschule und Berufsoberschule Schwandorf

Kunstsparte

Erinnerungskultur und Theater

Projektzeitraum

01.11.2019–31.10.2022

Weitere Veröffentlichungen
Kontakt

Dennis Forster
Wissenschaftlicher Mitarbeiter KZ-Gedenkstätte Flossenbürg
dforster@gedenkstaette-flossenbuerg.de

Beatrice Mansour
Geschäftsführerin MIND prevention
Beatrice.mansour@mind-prevention.com

Ein Austausch zu Rassismus und Antisemitismus auf Augenhöhe

Besonderen Wert legte das Team von „ReMember“ darauf, bei den heterogenen Lebensrealitäten der Teilnehmer:innen anzusetzen, wie auch die eingangs beschriebene Szene aus dem Theaterstück verdeutlicht. Die Jugendlichen wurden in ihrer Lebenswelt ernst genommen und dazu eingeladen, sich und ihre Meinung in die Diskussion einzubringen. Sie wurden angeregt, sich über ihre eigenen Geschichten auszutauschen und dabei auch kritisch über ihre Haltungen zu reflektieren, beispielsweise in Bezug auf Geschlechterrollen, Homosexualität oder Religion. Im Verlaufe des Projekts kam es zu einer Haltungsänderung bei den Beteiligten, die eine aktivere Rolle eingenommen haben, indem sie Diskriminierung entgegentreten und andere darauf aufmerksam machen, wenn diese rassistische Stereotype äußern. So berichtet ein Teilnehmer, dass er in seinem Heimatland von klein auf antisemitische Stereotype beigebracht bekommen habe und heute, ermutigt durch das Projekt, in seinem Umfeld aktiv gegen Judenhass eintrete.

Ist die NS-Geschichte tatsächlich Vergangenheit?

Hinter dem Wirkungserfolg des Projekts steckt der diversitätssensible Zugang der Workshopleiter:innen von „MIND prevention“, die viel Erfahrung in der Bildungsarbeit mit heterogenen Jugendgruppen mitbringen. Zudem arbeitete das Projektteam mit Ansätzen aus der Theaterpädagogik, um einen emotionalen Zugang zum Thema zu ermöglichen. Die Jugendlichen konnten in verschiedenen Spielszenen andere Rollen einnehmen, um einen Perspektivwechsel auszuprobieren und Selbstwirksamkeit zu erfahren. Am Ende der Projektzeit wurde gemeinsam ein Theaterstück entwickelt, in dem alltägliche Situationen in einen Dialog mit NS-Geschichte und Holocaust gebracht wurden. Die Projektbeteiligten diskutierten darin, wie das, was etwa im KZ-Flossenbürg passiert ist, heute nachwirkt. Sie hinterfragten, ob dieser Teil der Geschichte tatsächlich der Vergangenheit angehört oder ob das, was die jungen Erwachsenen in ihrem Alltag erleben, nicht vielmehr damit zusammenhängt. Das Stück wurde, mit anschließendem Publikumsgespräch, deutschlandweit an 20 Schulen gespielt.

Engagement für eine Gesellschaft von morgen

Durch ihre Teilnahme an dem Projekt erfuhren vor allem die geflüchteten Jugendlichen ein Empowerment – insbesondere durch die während der Projektlaufzeit entstandene Gruppendynamik. Zum ersten Mal in ihrer Zeit in Deutschland fühlten sie sich ernst genommen und respektiert. Das berichteten sie dem Projektteam. Neben einer veränderten Sichtweise auf diskriminierende und ausgrenzende Mechanismen sind auch Freundschaften entstanden und ein Vertrauen ineinander, das bis über das Projektende hinauswirkt. Die Gruppe trifft sich weiterhin, kommuniziert miteinander und ist füreinander da. „Die Teilnehmer:innen haben es verdient, dass wir am Ball bleiben und sie sozial und emotional immer wieder auffangen“, kommentiert Projektleiter Dennis Forster sein nachhaltiges Engagement für das Projekt und sieht die Jugendlichen in ihrem Engagement für die Gesellschaft von morgen unterstützt und gestärkt.