Musikschule Bad Dürkheim
Musikalische Früherziehung für geflüchtete Kinder aus der Ukraine
In Bad Dürkheim leben 20.000 Menschen. Man kennt sich und grüßt sich auf der Straße. Seit Kurzem gehören auch neu zugezogene Familien aus der Ukraine dazu. Um ihnen das Ankommen zu erleichtern, schafft die Stadt Angebote wie die musikalische Früherziehung an der städtischen Musikschule: Für eine Stunde in der Woche bietet die Musikschule einen „geschützten Raum der Sorglosigkeit“ für geflüchtete Kinder und Jugendliche, die sich hier künstlerisch-kreativ betätigen können, zusammen lachen, musizieren, singen und kurzzeitig Abstand zu ihrem Alltag gewinnen. Möglich wurde das Angebot durch das von der Kulturstiftung der Länder initiierte Förderprogramm „Sonnenstunden“, hinter dem ein Zusammenschluss von Bundes- und Landeseinrichtungen sowie privater Spender:innen steht. Es macht situationsbezogene und zügig aufgesetzte kulturelle Angebote für Kinder und Jugendliche aus der Ukraine möglich.
Fakten zum Projekt
Förderprogramm „Sonnenstunden“. Förderung von folgenden Akteur:innen: Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Kulturstiftung der Länder, Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg, Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Europa, Ministerium für Kunst und Wissenschaft in Nordrhein-Westfalen, Staatskanzlei und Ministerium für Kultur in Sachsen-Anhalt, private Spender
Kinder bis zehn Jahre aus geflüchteten ukrainischen Familien
Musik
01.09.–31.12.2022
Musikschule Bad Dürkheim
musikschule@bad-duerkheim.de
Musikalische Bildung ist ein Grundbedürfnis
Das spontan geschaffene Angebot geht auf eine gemeinsame Initiative der Leitungen von Kulturbüro und Musikschule in der Stadt zurück. Auf sie waren schon mehrere Ukrainer:innen zugekommen, die ihre musikalische Praxis beziehungsweise den Musikunterricht in Bad Dürkheim weiterführen wollten und nach einem niedrigschwelligen Angebot fragten. Für die Stadtverwaltung war klar, dass musikalische Bildung ein Grundbedürfnis ist und es passender Angebote für Geflüchtete bedarf – nicht nur in den Kindergärten und Schulen, sondern auch in den Kultureinrichtungen, die dazu beitragen, den Spracherwerb und das Ankommen in der neuen Umgebung zu unterstützen.

Erste Schritte zum Spracherwerb durch gemeinsames Musizieren
Ungeachtet deutscher Sprachkenntnisse können beim Singen und Musizieren alle mitmachen. Die musikalische Früherziehung setzt entsprechend zunächst auf Rhythmus und Ton; Liedtexte kommen erst nach und nach hinzu. Der deutsche Spracherwerb wird einerseits durch das Miteinander in der Gruppe gefördert, andererseits durch die Themen, die in den Liedern vorkommen. Das Angebot ist bewusst offen gehalten: Wer Lust hat, kann kommen. So nehmen einige Kinder jede Woche teil, andere nur alle zwei Wochen oder unregelmäßig. Die Leiterin der musikalischen Früherziehung geht damit flexibel um und reagiert in den Stunden auf die aktuellen Bedarfe der Gruppe. Um die Themen in den Liedern zu übersetzen, greift sie auf Abbildungen in Büchern zurück, stellt diese lautmalerisch dar und lässt sich von anderen Kindern im Kurs helfen, die bereits Grundkenntnisse der deutschen Sprache haben. Anders als in der musikalischen Früherziehung sonst üblich, ist der Kurs auch für höhere Altersstufen geöffnet, um mehr Kinder aus ukrainischen Familien ansprechen zu können: Willkommen sind Kinder bis einschließlich zehn Jahre.

Langfristige Perspektiven für kulturelle Teilhabe geflüchteter Kinder
Das Angebot wird von den Familien gut angenommen und spricht sich herum. Der Erfolg spiegelt sich auch in der Reaktion der Kinder, wie Chiara Amborn, Verwaltungsleiterin der Musikschule, erzählt: „Was mich am meisten begeistert hat, ist diese Freude. Die Kinder lachen in dem Kurs zu Beginn, wenn sie alle mit Namen begrüßt werden und sie sind immer noch freudig dabei, wenn sie sich in verschiedenen Sprachen voneinander verabschieden.“ Aufgrund dieser positiven Resonanz wird von der Stadtverwaltung geprüft, ob der Kurs auch nach Beendigung des Förderprogramms „Sonnenstunden“ weitergeführt werden kann. Zudem wird jetzt schon Musikunterricht für ältere Kinder gewährleistet. Bereits jetzt gibt es eine Initiative von Eltern regulärer Musikschüler:innen, in deren Rahmen einem Kind aus einer geflüchteten Familie Musikstunden finanziert werden. So wird in Kombination mit dem Angebot der musikalischen Früherziehung ein wichtiger Grundstein für die kulturelle Teilhabe geflüchteter Kinder gelegt.