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Kulturelle Bildung – eine brandenburgische Perspektive

Von Brigitte Faber-Schmidt

Abteilungsleiterin Kultur im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg

Februar 2025 

Die Bedeutung Kultureller Bildung für die Stärkung persönlicher und sozialer Kompetenzen, aber auch für die Förderung einer aktiven Teilhabe am gesellschaftlichen und kulturellen Leben im Allgemeinen, ist seit langem fest im kulturpolitischen Selbstverständnis des Landes Brandenburg verankert. Sie war bereits Bestandteil der ersten Kulturpolitischen Strategie des Landes aus dem Jahr 2012. Eine teilhabeorientiert ausgerichtete Kulturvermittlung zu ermöglichen, die insbesondere auch Nicht-Besucher:innen adressiert, ist auch eines der zentralen Ziele der aktuellen Kulturpolitischen Strategie des Landes, die im Mai 2024 im Rahmen eines Festaktes der Öffentlichkeit vorgestellt wurde.

Das Strategiepapier ist dabei selbst Ergebnis eines partizipativ angelegten Prozesses: Zusammen mit Akteur:innen der regionalen Kulturlandschaft wurden in einem mehrjährigen Evaluationsprozess die zukünftigen kulturpolitischen Leitkoordinaten des Bundeslandes erarbeitet und in sechs zentrale Gestaltungsfelder übersetzt:

  • Kulturelle Teilhabe ermöglichen, Zugänge schaffen, Diversität leben
  • Vielfalt und Respekt im Zentrum Europas leben, internationale Verbindungen ausbauen
  • Transformation befördern, Verantwortung für die Zukunft tragen, Kulturerbe und Wandel erlebbar machen
  • Kultur in und mit den ländlichen Räumen vernetzen
  • Natur respektieren, Ressourcen schonen, nachhaltig arbeiten und wirken
  • Digital bewahren, arbeiten und vermitteln. Wissen öffnen und teilen

Als eigene Perspektive auf soziale Lern- und Gestaltungsprozesse sowie im Hinblick auf ihre Methodenvielfalt ist Kulturelle Bildung dabei allen sechs Gestaltungsfeldern immanent.

Wie setzt Brandenburg diesen hohen Anspruch an die Kulturelle Bildungsarbeit um?

Wichtige Schaltstelle hierfür ist zunächst die 2010 gegründete Plattform Kulturelle Bildung Brandenburg. Inzwischen fester Bestandteil der Brandenburgischen Gesellschaft für Kultur und Geschichte gGmbH (BKG) verfügt sie über Regionalbüros in Potsdam, Eberswalde und Lübbenau mit jeweils institutionell fest verankerten Beratungsstellen. Als Service-, Qualifizierungs- und Vernetzungsangebot für Akteur:innen der Kulturellen Bildung initiiert und begleitet sie Projekte der Kulturellen Bildung, berät zu Finanzierungsmöglichkeiten, bietet bedarfsorientierte Weiterbildungsveranstaltungen an und vernetzt potenzielle Partner:innen – auch ressortübergreifend - miteinander. Die dezentrale Struktur der Plattform trägt auch dem landesseitig formulierten Anspruch Rechnung, Kultur in der Fläche des Landes zu stärken und die (räumliche) Distanz zwischen Zielgruppen und Angeboten zu verringern. Für das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg (MWFK) setzt die Plattform seit 2015 das Förderprogramm Kulturelle Bildung und Partizipation um, das ein zentrales Instrument zur Förderung der Projektarbeit auf diesem Gebiet im ganzen Land darstellt. Es richtet sich an Kommunen sowie Kitas, Schulen, Kultureinrichtungen, Initiativen, Vereine und Verbände. Um den Bedarfen der Schulen Rechnung zu tragen, orientieren sich die Ausschreibungsfristen des Programms am Turnus des Schuljahres, mit jeweils einer Ausschreibung im Frühjahr und zum Schuljahresbeginn im Herbst.

Die geförderten Projekte sollen möglichst allen Brandenburger:innen generationenübergreifend den Zugang zu Angeboten der Kulturellen Bildung eröffnen. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf Formaten zur interkulturellen Vielfalt und Integration. Ziel ist es, sowohl kleine Pilotprojekte zu ermöglichen als auch längerfristige Vorhaben zur Stärkung der regionalen Strukturen innerhalb der kulturellen Akteurslandschaft zu unterstützen. Das Förderprogramm bietet daher zwei Förderlinien – eine Förderlinie für temporäre Projekte und eine Strukturförderlinie für jahresübergreifende Projekte mit einer Förderung von bis zu drei Jahren. Im Jahr 2024 erhielten insgesamt 56 Projekte eine Förderung.

Der 2024 im Zuge des kulturpolitischen Strategieprozesses entstandene Experimentalfonds ergänzt diese Förderstrategie um eine neue, wichtige Komponente: Kern ist ein gänzlich ergebnisoffenes Vorgehen. Im Rahmen des Fonds werden in einer experimentellen Pilotphase neue Wege in der Ansprache und der Teilhabe im Sinne einer aufsuchenden Kulturarbeit beschritten. Ein finales Resultat steht dabei nicht im Vordergrund, vielmehr geht es um den Prozess der aktiven Beteiligung, die Öffnung für künstlerisch-ästhetische Erfahrungsprozesse und das Ergreifen eigener kultureller Initiative.

Das Förderinstrument wurde als Pilot über die Plattform Kulturelle Bildung in Kooperation mit externen Mediatoren:innen, die über einschlägige Erfahrungen aus dem Projekt „Neue Auftraggeber. Kunst im Bürgerauftrag“ verfügen, realisiert und vom MWFK mit 100.000 Euro gefördert. Durch die bewusst administrativ zugänglich gestaltete und schnell umsetzbare Mikroförderung konnten 10 Projekte realisiert und erste unmittelbar positive Erfahrungen im Land gesammelt werden.

Neben der Plattform Kulturelle Bildung kommt insbesondere auch den Kulturverbänden im Land eine Schlüsselrolle bei der Professionalisierung und Vermittlung Kultureller Bildung zu. So bietet der Museumsverband des Landes Brandenburg e.V. (MVB) neben zahlreichen Vernetzungsangeboten auch praxisorientierte Leitfäden an und unterstützt Museen bei der Umsetzung inklusiver und partizipativ ausgerichteter Projekte. Einen weiteren wesentlichen Beitrag leistet auch der Verband der Musik- und Kunstschulen Brandenburg e.V. (VdMK). Als Träger- und Fachverband von insgesamt 36 Musik- und Kunstschulen trägt er maßgeblich zur Stärkung musischer und ästhetischer Bildung in Brandenburg bei. Wichtiges Instrument ist dabei das Förderprogramm Musische Bildung für alle, das insbesondere jungen Zielgruppen einen möglichst breiten Zugang zu Vermittlungsangeboten ermöglichen will.

Eine weitere wichtige Facette der brandenburgischen Förderlandschaft, die auch kulturelle Vermittlungsarbeit umfasst, ist das ganz auf die Kulturentwicklung im ländlichen Raum ausgerichtete Förderprogramm für Regionale Kulturelle Ankerpunkte im ländlichen Raum mit einem Fördervolumen von insgesamt 1 Million Euro pro Jahr mit einer Laufzeit von bis zu drei Jahren. Im Sinne der Kulturpolitischen Strategie des Landes werden die regionalen kulturellen Ankerpunkte aus der jeweiligen Region heraus entwickelt und von dort getragen. Die konsequent partizipativ angelegten Projekte gehen über das klassische Verständnis von Kultureinrichtungen hinaus und binden insbesondere ehrenamtliche und zivilgesellschaftliche Akteur:innen in die Entwicklung und Umsetzung konkreter Kulturprojekte und kultureller Netzwerke ein.

Alle Förderprogramme knüpfen dabei an einen langen Prozess zur Entwicklung bedarfs- und praxisorientierter Förderinstrumente im Bundesland an: Bereits 1997 wurde das kulturpolitische Vorhaben Kulturland Brandenburg ins Leben gerufen, das insbesondere nach seiner Neuaufstellung 2002 zu wechselnden Themen in Kooperation mit vielfältigen Partner:innen im Land ein integratives künstlerisches und kulturelles Programm an der Schnittstelle zu Bildung, Wissenschaft, Tourismus und Stadt- und Regionalentwicklung bietet. Zentrales Ziel des dezidiert spartenübergreifend ausgerichteten Projektes ist es, sich nachhaltig sowohl regional als auch bundesweit und international zu vernetzen. Wie die Plattform Kulturelle Bildung ist auch Kulturland Brandenburg inzwischen eine der zentralen Säulen in der Arbeit der Gesellschaft BKG und steht damit für eine bewährte Vernetzungsstruktur im Bereich Kulturvermittlung mit überregionaler Strahlkraft.

Eine weitere wichtige Konstante im Bereich Kulturelle Bildung ist die ressortübergreifende Zusammenarbeit im Bundesland zwischen dem Kulturressort und dem Ministerium für Bildung, Jugend und Sport. Bereits 2012 erarbeiteten beide Bereiche ein gemeinsames Strategiepapier. Die enge Kooperation beruht dabei auf der Annahme, dass Schulen und Einrichtungen der Jugendhilfe entscheidende Orte sind, um Teilhabehemmnisse bei Angeboten der Kulturellen Bildung, die überwiegend sozial und räumlich bedingt sind, abzubauen. Die Kooperation der beiden Ministerien betrifft auch verschiedene weitere Maßnahmen wie die Strukturstärkung und Professionalisierung der Vermittlungsarbeit im Bereich Musik-, Gedenkstätten- und Museumspädagogik. Der ressortübergreifende Austausch setzt sich dabei auf bundesweiter Ebene und in Form verschiedener länderübergreifend angelegter Austauschformate fort. Ziel ist es, die Kulturelle Bildung langfristig als wichtiges Gestaltungsfeld von gesamtgesellschaftlicher Relevanz politisch zu verankern.

Wie dies konkret gelingen kann, zeigte das Bundesland bereits 2001: Als erstes ostdeutsches Bundesland richtete Brandenburg die Tagung Interkulturalität in der Kulturpolitik – Chancen und Perspektiven aus. Sie war die erste ihrer Art in Deutschland, die sich explizit mit Interkulturalität im Kontext der Kulturpolitik beschäftigte. Ziel war es, die Bedeutung kultureller Vielfalt für die Gesellschaft herauszustellen und den interkulturellen Dialog zu fördern. Brandenburg setzte damit einen wichtigen Impuls für die Auseinandersetzung mit kultureller Teilhabe und Vielfalt in der Kulturpolitik und -vermittlung, insbesondere in dem von Transformationsprozessen geprägten Bundesland Brandenburg. Die Veranstaltung war ein Vorbild für die bundesweite Diskussion über Interkulturalität und deren Relevanz für die Gestaltung von Kulturpolitik.

Auch im Kontext gegenwärtiger Transformationsprozesse kommt der Kulturellen Bildung in Brandenburg eine Schlüsselrolle zu: Bis 2038 soll der Ausstieg aus der – für Jahrzehnte sozioökonomisch für die Region prägenden – Braunkohleindustrie in der brandenburgischen Lausitz-Region gelingen. Im Zuge des wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Wandels werden bisherige Gewissheiten und Selbstbilder brüchig. Partizipativ ausgerichtete Angebote der Kulturvermittlung können dabei als wichtige Stabilitätsanker fungieren und neue Identifikations- und Mitgestaltungsmöglichkeiten schaffen.

Dieses Spektrum an Fördermöglichkeiten für Kulturelle Bildungs- und Vermittlungsangebote in Brandenburg zeigt auf, dass Kulturelle Bildung im Bundesland gleichermaßen als Querschnitts- wie auch als zentrale kulturpolitische Aufgabe verstanden wird.

„Kulturelle Bildung ist eine zentrale gesamtgesellschaftliche Aufgabe, der eine Schlüsselrolle in Bezug auf die Teilhabe am gesellschaftlichen und kulturellen Leben zukommt.“
Brigitte Faber-Schmidt
Abteilungsleiterin Kultur im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg

Brigitte Faber-Schmidt arbeitete organisatorisch, dramaturgisch, schauspielerisch und wissenschaftlich in zahlreichen künstlerischen und kulturellen Projekten in Nordrhein-Westfalen und in Berlin. Anfang der 1990er Jahre leitete sie ein Informations-, Beratungs- und Fortbildungsprogramm für die neu entstehenden Kulturverwaltungen in den ostdeutschen Bundesländern im Auftrag der kommunalen Spitzenverbände. 1995 wurde sie Abteilungsleiterin für Kulturförderung und Kulturveranstaltungen im Kulturamt der Landeshauptstadt Potsdam.

Seit 2002 war sie Vorstandsvorsitzende und Geschäftsführerin des Vereins Kulturland Brandenburg e.V., der die Konzeption, Planung, Organisation und Durchführung der gleichnamigen Dachkampagne im Land Brandenburg zur Aufgabe hatte.  Ab 2014 war sie Geschäftsführerin der Brandenburgischen Gesellschaft für Kultur und Geschichte gGmbH. Sie ist regelmäßig als Referentin tätig und an der Realisation von Fachtagungen und Fortbildungsprogrammen beteiligt. Im Juni 2021 wechselte sie noch einmal die Perspektive und wurde Abteilungsleiterin Kultur im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg.